| Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

Aus der Rechtsprechung: Kollision eines Kraftfahrzeuges mit einem am Fahrbahnrand stehenden Kind

Erfasst ein Autofahrer ein zu nah an der Bordsteinkante wartendes elfjähriges Kind, führt dies zu einer ganz überwiegenden Haftung des Autofahrers. Tritt ein Haftpflichtversicherer bei eindeutiger Haftungslage über Jahre hinweg nicht in die Schadensregulierung ein, kann dies den Schmerzensgeldanspruch erhöhen.

Der zum Unfallzeitpunkt elfjährige Kläger befand sich auf dem Weg zur Schule und wollte die Kreuzung Rudolf-Breitscheid-Straße/Logenstraße in Kaiserslautern an einer Fußgängerampel überqueren. Er stellte sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante, um dort zu warten, bis die Lichtzeichenanlage "grün" zeigt. Die Beklagte fuhr mit ihrem PKW in einem Abstand von deutlich unter einem Meter zum rechten Fahrbahnrand an dem Kind vorbei und erfasste es. Weitere Einzelheiten ließen sich hierzu nicht aufklären. Die Verkehrssituation hätte es aber zugelassen, mit weit größerem Abstand an dem Kind vorbeizufahren. Der Kläger wurde erheblich verletzt. Er verlangt von der Fahrzeughalterin und deren Haftpflichtversicherung Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Landgericht Kaiserslautern hat der Klage mit einer Haftungsquote von 80% zulasten der Beklagten stattgegeben. Deren Berufung hiergegen hatte keinen Erfolg. Dies hat der 1. Zivilsenat mit Beschluss vom 26.04.2021 entschieden.

Ein Kraftfahrzeugführer ist danach grundsätzlich nicht berechtigt, innerorts die Fahrbahn bis an den rechten Bordstein heran zu befahren, wenn hieraus Risiken für Passanten entstehen. Erst Recht muss das gegenüber am Fahrbahnrand an einer Fußgängerampel stehenden Kindern gelten. Zwar ist dem Kläger vorzuwerfen, dass er sich an den äußersten Rand der Bordsteinkante gestellt hat, sodass er von dem vorbeifahrenden Fahrzeug erfasst werden konnte. Auch einem elfjährigen Schüler muss bewusst sein, dass diese Position an einer stark befahrenden Straße gefährlich ist und erhebliche Schäden auslösen kann. Dieses Mitverschulden rechtfertigt auch nach Auffassung des Senats aber keine Mithaftung des Klägers in Höhe von mehr als 20 %. In die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes hat der Senat auch das Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherung eingestellt. Die Versicherung hatte an den Kläger über beinahe sieben Jahre hinweg keinerlei immateriellen Ausgleich geleistet.

Verfahrensgang:
Landgericht Kaiserslautern, Urteil vom 21.06.2019, Az. 3 O 357/16
Pf. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26.04.2021, Az. 1 U 141/19

Teilen

Zurück